Stellungnahme zur Wirksamkeit von „Exopulse Mollii Suit“

Die Deutsche Multiple Sklerose Gesellschaft, Bundesverband e.V. und das Krankheitsbezogene Kompetenznetzwerk Multiple Sklerose e.V. (KKNMS) nehmen Stellung zum Hilfsmittel „Exopulse Mollii Suit“. Der Einsatz kann derzeit aus Sicht der Fachgesellschaften nicht generell empfohlen werden. Weitere kontrollierte und doppelblinde Studien für Menschen mit Multipler Sklerose (MS) zur Wirksamkeit werden als notwendig erachtet. 

Stellungnahme des Ärztlichen Beirates der Deutschen Multiple Sklerose Gesellschaft, Bundesverband e.V. (DMSG-BV) und des Krankheitsbezogenen Kompetenznetzes Multiple Sklerose (KKNMS)

AG Rehabilitation DMSG-BV

Informationen für MS-Erkrankte zum Thema „Exopulse Mollii Suit“

In den vergangenen Wochen wurden von MS-Erkrankten vermehrt Anfragen an den DMSG-Bundesverband sowie an mehrere Landesverbände gerichtet, in denen um Auskunft zu bisherigen Erfahrungen und zu Möglichkeiten einer Kostenübernahme für „Exopulse Mollii Suit“ durch Krankenkassen gebeten wurde. Auch die Frage nach einer Finanzierung des Hilfsmittels durch eine DMSG-assoziierte Stiftung wurde bereits gestellt. Das Gerät ist nicht im Hilfsmittelverzeichnis der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) verzeichnet. Die Kosten werden von der GKV in der Regel nicht übernommen; positive Einzelfall-Entscheidungen wurden jedoch bekannt. Die Kosten werden im Internet mit bis zu € 8500,00 angegeben; selbst für die Testung des Geräts können ggf. nicht unerhebliche Kosten anfallen. Hinweise auf ein Crowd-Funding (Finanzierung durch eine Gruppe von Internetnutzern) kursieren ebenfalls.

Beschreibung des Geräts

Laut der Vertriebsfirma Otto Bock, Duderstadt ist EXOPULSE Mollii Suit ein Gerät, mit dem eine transkutane Elektrostimulation („Niedrigenergie-Ganzkörper-Elektrostimulation“; 20 Volt, 20 Hz) über 58 in eine Jacke und eine Hose eingearbeitete Elektroden, die der Haut aufliegen, durchgeführt werden kann. Die Steuerung erfolgt über ein Steuergerät (EXOPULSE MOLLII Control Unit; batteriegetrieben), welches „elektrische Niedrigenergieimpulse durch Stecker an die EXOPULSE Body Garments sendet, die diese wiederum von den Steckern an wichtige Nerven und die entsprechenden Muskelgruppen im Körper weiterleiten. … Welche Nerven/Muskeln stimuliert werden sollen, wird von geschultem medizinischem Personal auf der Grundlage einer klinischen Beurteilung des Anwenders programmiert“ (Benutzerhandbuch)

Indikationen (lt. Benutzerhandbuch)

Entspannung spastischer Muskeln, Erhaltung oder Erweiterung des Bewegungsumfangs, Aktivierung und Rehabilitation von Muskeln, Verzögerung oder Verhinderung einer Atrophie durch Muskelinaktivität, Erhöhung der lokalen Durchblutung, Symptomatische Linderung und Management hartnäckiger chronischer Schmerzen, Zusatzbehandlung bei postoperativen Schmerzen.

Kontraindikationen seien z.B. das Vorhandensein elektronischer Medizinprodukte oder von Geräten, die von Magneten gestört werden können.

Anwendung bei folgenden neurologischen Erkrankungen
(lt. Benutzerhandbuch)

Chronische Schmerzen, Schlaganfall, Multiple Sklerose, Zerebralparese, Rückenmarksverletzungen sowie andere neurologische Störungen, die die o.g. Symptome hervorrufen können. Soweit nicht anders verordnet, Anwendung über 60 Minuten alle 2 Tage im häuslichen Bereich.

Wissenschaftliche Studien (Auszug)

In einem soeben erschienenen systematischen Review werden insgesamt 12 Publikationen mit Daten zu folgenden Erkrankungen analysiert, darunter die oben erwähnte von [Pennati 2021]: ICP (6), Hirninfarkt (2), ICP und Hirninfarkt (2), Fibromyalgie (1), Fibromyalgie und Parkinson (1). Daten zu MS-Patienten sind hier wiederum nicht enthalten. Die Interpretation ist erneut durch die niedrigen Fallzahlen, die unterschiedlichen Studiendesigns, die verschiedenen verwendeten Outcome-Parameter (subjektiv/objektiv) und die heterogenen Ergebnisse erschwert [Perpetuini 2023].

Bei einer PubMed-Abfrage zu „Mollii Suit“, “Exopulse”, “Transcutaneous electrical nerval stimulation OR TENS” (13.10.2023) fanden sich 11 Publikationen, die z.T. in der Publikationsliste der Firma oder dem obigen Review berücksichtigt sind, wiederum ohne Daten zu MS-Patienten.

Beurteilung

Das Garment „Exopoulse Mollii Suit“ ist ein Gerät, das lt. Herstellerfirma zur Therapie bzw. Verringerung von Spastik sowie zur Verbesserung von Beweglichkeit entwickelt wurde. Die bisherigen Studien schließen vor allem Patienten mit ICP, Hirninfarkt, spinalem Trauma und Fibromyalgie ein. Die therapeutischen Erfolge bei diesen Erkrankungen sind allerdings ausweislich eines jüngst erschienenen Reviews im besten Fall nicht eindeutig.

Für Patienten mit MS liegen lediglich Daten von 15 Patienten eines Firmenregisters („Exopulse Register“) mit offener Beobachtung im Vorher-Nachher-Vergleich über einen 4-Wochen-Zeitraum vor. Auf Grund der Methodik, der Art der erhobenen Daten, des Fehlens einer Kontrollgruppe und der niedrigen Zahl von Patienten (über die bis auf die Diagnose keine weiteren Angaben vorliegen) sind keine Aussagen hinsichtlich einer Wirksamkeit möglich. Daten aus prospektiven Studien bei MS-Patienten fehlen. Dementsprechend kann derzeit der Einsatz des Exopulse Mollii Suit nicht generell empfohlen werden. Weitere und vor allem kontrollierte, doppelblinde Studien bei MS-Patienten sind notwendig, um die Wirksamkeit des Hilfsmittels beurteilen zu können.

Die vollständige Stellungnahme finden Sie weiter unten. 

Autoren der AG Rehabilitation des Ärztlichen Beirats der DMSG-BV

  • Prof. Dr. Thomas Henze (Federführung), Regensburg
  • Prof. Dr. Christian Dettmers, Kliniken Schmieder Konstanz
  • Prof. Dr. Peter Flachenecker, Neurologisches Rehabilitationszentrum Quellenhof, Bad Wildbad
  • Prof. Dr. Michael Haupts, Bochum
  • Dr. Stefan Höthker, VAMED Rehaklinik Ahrenshoop
  • Prof. Dr. Jürg Kesselring, Rehabilitationszentrum Kliniken Valens, Schweiz
  • Prof. Dr. Ingo Kleiter, Behandlungszentrum Kempfenhausen für Multiple Sklerose, Berg
  • Dr. Nicolaus König, München
  • Prof. Dr. Iris-Katharina Penner, Inselspital, Bern Universitätsklinik, Schweiz
  • Prof. Dr. Peter Rieckmann, Medical Park Loipl
  • Prof. Dr. Hayrettin Tumani, Neurologie, Universitätsklinikum Ulm

Quelle: Stellungnahme DMSG/KKNMS – 17.11.2023

Redaktion: DMSG, Bundesverband e.V. – 17.11.2023

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