COVID-Impfung bei MS – aktuelle Überlegungen

COVID-Impfung bei MS – aktuelle Überlegungen

Prof. Dr. med. Mathias MäurerAllgemein, Therapie der MS

Die Impfkampagne in Deutschland gegen COVID19 läuft auf vollen Touren. Es scheint jetzt sogar eher das Problem zu sein, den Impfstoff an den Mann zu bringen. Auch viele MS-Patienten sind mittlerweile geimpft. Das ist sehr erfreulich ist, denn eine abgeschlossene Impfung verhindert sicher schwere und fatale Krankheitsverläufe und schütze auch vor der Delta-Variante. Das zeigt sich eindeutig bei der Auswertung populationsbasierter Studien (Effectiveness of Covid-19 Vaccines against the B.1.617.2 (Delta) Variant) – Das primäre Ziel der Impfkampagne wird also erreicht.

Noch eine weitere Beobachtung sollte MS-Patienten davon überzeugen, dass die Impfung ein wirksames Konzept ist. Dies gilt vor allem,  wenn sie immuntherapeutich behandelt werden. Schaut man auf die Altersklasse der hochbetagten Menschen (> 80). Sie haben aufgrund ihres eingeschränkten Immunsystems ein besonders hohes Risiko, schwer an COVID-19 zu erkranken. Deswegen wurden sie zu Beginn der Pandemie sehr konsequent geimpft. Mittlerweile sieht man in dieser Bevölkerungsgruppe eine sehr niedrige Infektionstätigkeit und auch in den Krankenhäusern spielen die hochbetagten COVID-19-Patienten keine Rolle mehr.

Wenn es also gelungen ist, hochbetagte Patienten mit vielfältigen Vorerkrankungen vor schweren COVID-19-Verläufen zu schützen, dann sollte man sich als geimpfter junger bis mittelalter Erwachsener mit MS letztlich keine zu großen Sorgen machen. Und das gilt auch für Patienten, die immuntherapeutisch behandelt sind. Auch wenn die aktuelle Behandlung mit anti-CD20 Antikörpern oder S1P-Modulatoren durchgeführt wird, die kürzlich in Studien hinsichtlich der Bildung neutralisierender Antikörper gegen SARS-CoV2 schlecht abgeschnitten haben.

Klinischer Nutzen einer 3. Impfung nicht klar

Trotz der grundsätzlich positiven Nachrichten zur Wirkung einer kompletten mRNA- oder Vektorimpfung hat man aber das Gefühl, dass sich allenthalben Panik breitmacht. Und diese Panik führt auch bei MS-Patienten zu absolut unsinnigen Aktionen. So wurde mir neulich der Fall einer Mitte 30-jährigen Frau berichte, deren MS ist seit Jahren durch die Einnahme von Fingolimod kontrolliert wird. Ihr wurde empfohlen, Fingolimod abzusetzen, um eine dritte Impfung gegen COVID-19 zu erhalten, um dadurch eine bessere Impfantwort zu erzielen. Vor dem Hintergrund, dass ein ersatzloses Absetzen von Fingolimod die große Gefahr eines Rebounds birgt, erschließt sich der Sinn einer dritten Impfdosis nicht. Denn derzeit ist überhaupt noch nicht klar, ob eine dritte Impfdosis einen klinischen Nutzen besitzt. Und so häufen sich mittlerweile die Beispiele von Eingriffen in bestehende MS-Therapien zugunsten eines besseren Impferfolges, ohne dass das Risiko einer Therapiemodifikation vernünftig abgewogen wird.

Bereits zu Beginn der Pandemie haben die meisten MS-Experten darauf hingewiesen, dass Therapiemodifikationen mit dem Ziel eines möglichen Schutzes von dem SARS-Coranavirus nicht sinnvoll sind und sich die Therapie immer nach den Anforderungen der Erkrankung richten sollte. Daher scheint es auch zum jetzigen Zeitpunkt geboten zu sein, dass notwendige Therapien nicht zugunsten des Impferfolges modifiziert werden sollten. V.a. wenn eine solche Modifikation die Wirksamkeit der Therapie beeinträchtigt.

Es ist denkbar, dass im Herbst eine offizielle Empfehlung für eine dritte Impfung für bestimmte Patientengruppen ausgesprochen wird. Dazu werden mutmaßlich auch MS-Patienten, die mit bestimmten Medikamenten behandelt werden, gehören. Bis eine solche Empfehlung aber ausgesprochen ist, gibt es keinen vernünftigen Grund für die Anwendung individueller Impfschemata für MS-Patienten. Schon gar nicht, wenn damit eine Modifikation einer erfolgreichen MS-Therapie verbunden ist.

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