Corona-Auffrischimpfung: Für welche Personen ist eine dritte Impfung indiziert?

Corona-Auffrischimpfung: Für welche Personen ist eine dritte Impfung indiziert?

Nach einem Entscheid des Bundesgesundheitsministeriums soll Personen, bei denen nach einer vollständigen Impfung keine ausreichende oder eine schnell nachlassende Immunantwort zu erwarten ist, eine Booster-Impfung mit einem mRNA-Impfstoff angeboten werden. Einheitliche Regeln, eine explizite EU-Zulassung oder eine STIKO-Empfehlung gibt es allerdings noch nicht.

Die Gesundheitsminister der Länder haben gemeinsam mit dem Bundesgesundheitsminister entschieden, dass Menschen, bei denen nach einer vollständigen Impfung möglicherweise keine ausreichende oder eine schnell nachlassende Immunantwort vorliegt, eine COVID-19-Auffrischimpfung angeboten wird. Dazu gehören insbesondere:

  • Bewohner von Pflegeeinrichtungen, Einrichtungen für Menschen mit Behinderungen und weiteren Einrichtungen mit vulnerablen Gruppen
  • Personen mit einer Immunschwäche oder Immunsuppression
  • pflegebedürftige Menschen in ihrer eigenen Häuslichkeit
  • Menschen ab 80 Jahren

Ebenso wird Personen, die eine vollständige Impfserie mit einem Vektor-Impfstoff erhalten haben, im Sinne einer gesundheitlichen Vorsorge eine weitere Impfung angeboten.

Die Auffrischungsimpfung erfolgt als einmalige Impfstoffdosis mit einem der beiden mRNA-Impfstoffe (Comirnaty von BioNTech/Pfizer oder Spikevax von Moderna) mindestens sechs Monate nach Abschluss der ersten Impfserie [1].

Warum ist eine Drittimpfung nötig?

Experten aus unterschiedlichen Ländern halten eine Auffrischimpfung gegen das SARS-CoV-2-Virus für sinnvoll. Hintergrund ist der nachlassende Impfschutz vorheriger Corona-Schutzimpfungen. Eine Drittimpfung soll die Antikörperantwort gegen das Coronavirus signifikant erhöhen – und das sogar bei einem sehr guten Verträglichkeits- und Sicherheitsprofil.

Neueste Studienergebnisse einer Phase-III-Studie mit dem Corona-Impfstoff von BioNTech/Pfizer sind in diesem Zusammenhang vielversprechend. Im Rahmen der Studie erhielten 306 Personen im Alter von 18 bis 55 Jahren zwischen 4,8 und 8 Monaten nach der Grundimmunisierung eine dritte Dosis der mRNA-Vakzine.

Einen Monat nach der Auffrischungsdosis waren die neutralisierenden SARS-CoV-2-Titer gegen den Wildtyp-Stamm 3,3-mal so hoch wie die Titer nach der herkömmlichen zweiten Impfdosis. Damit bietet die Booster-Impfung einen verbesserten Schutz vor schweren oder tödlichen COVID-19-Krankheitsverläufen. Ferner könnte sie helfen, die Ausbreitung des SARS-CoV-2-Virus in der Bevölkerung rascher einzudämmen [2].

FDA-Zulassung eingereicht

BioNTech/Pfizer hat die Studienergebnisse bei der US-amerikanischen Zulassungsbehörde FDA eingereicht und so den Prozess für eine Zulassungserweiterung für die dritte Impfdosis (Auffrischungsimpfung) bei Personen ab 16 Jahren eingeleitet. In den kommenden Wochen sollen die Daten auch der Europäischen Arzneimittelagentur EMA vorgelegt werden [2].

Kassenärzte fordern STIKO-Empfehlung

Hierzulande gibt es aktuell noch keine einheitlichen Regeln zum Umgang mit Auffrischungsimpfungen gegen COVID-19, ebenso fehlen eine explizite EU-Zulassung oder ein Votum der Ständigen Impfkommission (STIKO) des Robert Koch-Instituts (RKI). Zumindest Letzteres fordern die Kassenärzte in Deutschland:

„Die STIKO hat die Daten, um für bestimmte Gruppen eine Empfehlung für eine Drittimpfung auszugeben“, sagt der Vorsitzende der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV), Dr. Andreas Gassen. „Die STIKO wäre für solche Vorgaben die richtige Institution. Dort sitzen die Fachleute, die tatsächlich Ahnung vom Impfen haben“, so der KBV-Vorsitzende zu den Zeitungen der Funke Mediengruppe.

Es gehe vor allem darum, wer zuerst durch eine Drittimpfung geschützt werden soll. Dabei setzt Gassen auf die Erfahrung und Fachkompetenz der Impfexperten: „Die STIKO trifft rationale, faktenbasierte Entscheidungen – anders als mitunter die Politik“ [3].

STIKO wertet Daten zu Drittimpfungen aus

Thomas Mertens, Vorsitzender der STIKO, kündigte am 01. September 2021 eine zeitnahe Empfehlung zu Drittimpfungen für Senioren und Immungeschwächte an. Die Aufarbeitung der zur Verfügung stehenden Daten sei in vollem Gange, so Mertens gegenüber der Deutschen Presse-Agentur. Eine abschließende Bewertung wird nicht mehr lange dauern, ein genaues Datum für die Empfehlung könne er aber noch nicht mitteilen [3].

Antikörpertest vor Auffrischungsimpfung – ja oder nein?

Labormediziner empfehlen vor der Auffrischungsimpfung den Antikörperstatus zu prüfen und so das Impftempo zu bestimmen. Bei hohen Titern bindender Antikörper ist eine Auffrischung unnötig, heißt es in einer Mitteilung des Berufsverbands Deutscher Laborärzte (BDL).

BDL-Vorsitzender Andreas Bobrowski erklärt die Systematik: „Mit Surrogat-Neutralisationstests bestimmen die Fachärztinnen und Fachärzte im Labor, wie stark Coronavirus-Antikörper im Blut der Patienten konzentriert ist. Unter einem Wert von 21.8 BAU (Binding Antibody Units) gehen wir davon aus, dass die getestete Person keinen Immunschutz gegen das Coronavirus hat. Diese Patienten müssen bei den Auffrischungsimpfungen priorisiert werden.“

Danach empfiehlt er, den Antikörperspiegel regelmäßig zu messen. Über 1.000 BAU wäre eine Drittimpfung unnötig. Zwischen 21.8 BAU und 1.000 BA gibt es noch keine genauen wissenschaftlichen Erkenntnisse. Ohne verbindliche Grenzwerte sollten Menschen mit einem Impftiter knapp über 21.8 BAU im Zwanziger- oder Dreißigerbereich schneller geimpft werden als Impfwillige über 44 BAU, so der BDL-Vorsitzende [4].

In diesen Bundesländern wird bereits das dritte Mal geimpft

In den meisten Bundesländern starteten die Booster-Impfungen am 01. September 2021, aber nicht in allen. Nachfolgend einige Beispiele:

Bayern

In Bayern wurden bereits Mitte August die ersten Auffrischungsimpfungen vergeben. Der Fokus liegt auf den vulnerablen Gruppen, also Personen mit Immunschwäche, Pflegebedürftige und über 80-Jährige, insbesondere in Pflegeheimen. Ferner kann das Personal in den betroffenen Einrichtungen eine dritte Impfung erhalten. Zwischen der jüngsten Impfung und einer Auffrischung sollen mindestens sechs Monate vergangen sein [5].

Rheinland-Pfalz

Das Gesundheitsministerium in Rheinland-Pfalz (RLP) kündigte an, dass ab 01. September über 80-Jährige, Personen mit Immunschwäche oder Immunsuppression und Pflegebedürftige in der eigenen Häuslichkeit eine Auffrischimpfung gegen COVID-19 erhalten können – sobald deren letzte Corona-Impfung mehr als sechs Monate zurückliegt. Die Impfungen werden von den niedergelassenen Ärzten durchgeführt [6].

Hessen

In Hessen wird die Booster-Impfung seit 01. September in den stationären Pflegeeinrichtungen und Einrichtungen für Menschen mit Behinderung sowie an über 80-Jährige verabreicht. „Geimpft wird durch die Hausärztinnen und Hausärzte vor Ort in Zusammenarbeit mit den Einrichtungen. Außerdem können die mobilen Teams der Impfzentren unterstützen“, sagte der hessische Gesundheitsminister Kai Klose. Pflegebedürftige und Senioren über 80 Jahre, die zu Hause leben, könnten sich bezüglich der Auffrischungsimpfung an ihre Hausärzte wenden. Darüber hinaus sind Drittimpfungen auch in den Impfzentren möglich [7].

Nordrhein-Westfalen

Nordrhein-Westfalen hat ebenfalls mit der dritten Impfung begonnen. Den Anfang hätten fünf Pflegeeinrichtungen gemacht, teilte ein Sprecher des NRW-Gesundheitsministeriums am Mittwoch in Düsseldorf mit. Zunächst sollen Menschen über 80 Jahre eine Auffrischungsimpfung erhalten, bei denen die Zweitimpfung sechs Monate zurückliegt. Nach und nach werden dann die weiteren Gruppen folgen. Geimpfte, die einen Vektor-Impfstoff erhielten, sollen ab Ende Oktober ihre Auffrischung bekommen [8].

Berlin

In Berlin starteten am Mittwoch mobile Impfteams mit Auffrischungsimpfungen in Pflegeeinrichtungen. „Und wieder steht der Schutz der besonders vulnerablen Gruppen ganz oben an“, sagte Gesundheitssenatorin Dilek Kalayci. Das Angebot einer dritten Impfung gegen das Coronavirus richtet sich an Menschen, deren vollständige Impfung mindestens sechs Monate zurückliegt und die hochbetagt, pflegebedürftig und/oder immunerkrankt sind – insbesondere in Pflegeeinrichtungen, erklärte eine Mitarbeiterin der Gesundheitsverwaltung [9].

Sachsen-Anhalt

Mehrere Städte in Sachsen-Anhalt bieten seit dem 01. September Auffrischungsimpfungen für spezielle Gruppen wie Hochbetagte und Menschen mit Immunschwäche an. Thomas Grünewald, der Leiter der Sächsischen Impfkommission, hält eine pauschale Auffrischungsimpfung für alle nicht für sinnvoll [10].

Thüringen

Auch Thüringen hat mit den Booster-Impfungen begonnen. Seit Mittwoch können Termine für die Drittimpfung gegen das Coronavirus gebucht werden. Das Angebot richtet sich zunächst an Senioren über 80 Jahre, Menschen mit geschwächtem Immunsystem und Berufsgruppen in medizinischen und pflegerischen Einrichtungen. Darüber hinaus bietet Thüringen die Drittimpfungen auch für Personen an, die eine vollständige Impfung mit einem Vektor-Impfstoff erhalten haben – also entweder zweimal mit dem Impfstoff von AstraZeneca oder einmal mit dem Impfstoff von Johnson & Johnson geimpft wurden [11].

Sachsen

In Sachsen können sich über 70-Jährige ab Freitag (3. September) ohne vorherige Terminvereinbarung eine dritte Impfung gegen das Coronavirus geben lassen. Das Angebot gilt auch für Menschen mit bestimmten Erkrankungen. Die Auffrischung sollte vorzugsweise ein halbes Jahr nach der Zweitimpfung, frühestens aber sechs Wochen nach Abschluss der Grundimmunisierung, verabreicht werden. Eine Ko-Administration der Booster-Dosis mit einem saisonalen Influenza-Impfstoff kann laut Sächsischer Impfkommission nach ärztlichem Ermessen erfolgen [12].

Bremen

Bremen startet am Montag, den 06. September mit den Corona-Drittimpfungen. Auch hier werden zunächst Hochrisikogruppen geimpft. Geplant ist, für die Boosterung mobile Teams in Alten- und Pflegeeinrichtungen zu schicken. Betroffene Menschen, die zu Hause leben, sollen sich die dritte Impfung in den Arztpraxen geben lassen können [13].Autor:Dr. Christian Kretschmer (Arzt)Stand:03.09.2021

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