Biomarker für Fatigue?

Biomarker für Fatigue?

01. Juni 2022

Schwedische Forscher fanden heraus, dass das Amyloid Precursor Protein bei MS-bedingter Fatigue reduziert ist.

Fatigue gehört zu den Symptomen der Multiplen Sklerose mit hohem Behinderungspotenzial. Fatigue bedeutet nicht, einfach nur müde zu sein, sondern die Betroffenen erleben eine abnorme Erschöpfbarkeit, die sie daran hindert, ihren Alltag zu meistern. Rund 80 % der MS-Betroffenen leiden, meist neben anderen Symptomen, unter Fatigue. Das Symptom führt nicht selten zu frühzeitiger Berentung.

Am ehesten entspricht MS-bedingte Fatigue der Erschöpfung, wie sie andere im Rahmen einer schweren Grippe mit hohem Fieber erleben. Im Rahmen von Krebserkrankungen kann es auch zu abnormer Erschöpfung kommen. Corona kann ebenfalls zu Fatigue führen. Es gibt Fatigue sogar als eigenständiges Krankheitsbild.

Je weniger APP, desto mehr Fatigue

Ein schwedisches Forscherteam hat möglicherweise einen Weg gefunden, genauer gesagt einen Biomarker, um die durch MS ausgelöste Fatigue zu diagnostizieren. Es handelt sich um das Amyloid Precursor Protein, kurz APP. APP kommt im Nervenwasser aller Menschen vor. Im zentralen Nervensystem spielt das Protein, so wird vermutet, eine Rolle bei der Entstehung von Synapsen, also der Verbindung von Nervenzellen.

Aus der Alzheimer-Forschung ist das Protein bereits bekannt. Dort ist APP erhöht. Bei dieser Erkrankung wird ein längerer Abschnitt des Proteins herausgeschnitten und führt dann zu den sogenannten ß-Amyloidklumpen bzw. -Plaques.

Bei MS-bedingter Fatigue hingegen ist das APP reduziert. Um das herauszufinden untersuchten die schwedischen Wissenschaftler Nervenwasser von 31 Patienten mit MS und 17 Kontrollpatienten auf wiederum 17 Proteine hin, von denen sie annahmen, dass sie alle potenziell als Biomarker für Fatigue dienen könnten. Einen direkten Zusammenhang mit Fatigue zeigte von den 17 untersuchten Proteinen nur APP.

Objektiver Biomarker für ein MS-Symptom

Unter den MS-Patienten der Studie waren 28 Menschen mit schubförmigem und drei mit sekundärprogredientem Verlauf. Ob die Patienten an MS litten, wurde durch standardisierte Fragebögen festgestellt (19 ja, 12 nein). Bei den Patienten mit Fatigue war das APP deutlich reduziert.

Subjektive Fragebögen sind bislang die einzige Methode, um Fatigue zu diagnostizieren. Die Untersuchung auf APP könnte helfen, eine Fatigue objektiv festzustellen und möglicherweise das Ausmaß zu bestimmen.

Interessant war in dem Zusammenhang auch, dass Fatigue gehäuft mit Schlafstörungen auftrat und dass die Anzahl der Läsionen allein die Fatigue nicht unbedingt erhöht, dafür aber die Lage der Läsionen.

Außerdem ist schon länger bekannt, dass Natalizumab (Tysabri) die Fatigue bei MS-Patienten reduzieren kann. Tatsächlich reduziert Natalizumab auch das APP.

Weiterführende Studien mit größeren Patientenkohorten sind nötig, um die Funde des schwedischen Forscherteams zu bestätigen. Außerdem besteht mit dem Wissen um APP die Hoffnung auf symptomatische Wirkstoffe, welche die Fatigue reduzieren. Bisher lässt sich das Symptom nur sehr schlecht behandeln und nicht jeder Patient kann oder möchte Natalizumab als Verlaufstherapie einnehmen.

Übrigens: Unter amsel.de/videos findest Du einige Videos zur Fatigue. Und auch zu anderen Symptomen der Multiplen Sklerose.

Quelle: Multiple Sclerosis and related Disorders, 06.05.2022.

Redaktion: AMSEL e.V., 01.06.2022

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